Aus dem Buch der Wandlungen

entpuppt als...

 

ich-raupe

 

noch winzig

knabbert am

saftig grün

lässt das rot

links liegen

krabbelt hin

 

zur mitte

 

leuchtend gelb

eingestäubt

sternenstaub

verwandelt

strebt bis zum

himmelblau

 

blau-auge

 

 

 

Aus dem Buch der Wandlungen

kafkaeske wiedergeburt

 

nicht ohne grund

üben stahlfedern druck auf den rücken

über nacht sind mir flügel gewachsen

nicht ohne grund

 

über nacht sind mir kiemen gewachsen

grundlos

das handeln, das denken, die see

 

über nacht sind mir kiemen gewachsen

grundlos

das fühlen, das fürchten, die see

 

ohne den grund

werde ich federleicht abgetrieben

über nacht sind mir flügel gewachsen

nicht ohne grund

 

 

 

Aus dem Buch der Wandlungen

Frankensteins Braut

 

dank Botox

volle Lippen

leuchtend rot

und Wasserfest

 

der Busen voll

geschmeidig weich

nicht asymmetrisch

Silikon-sei-Dank

 

Fettüberschüsse

abgesaugt

die dünne Haut

straff gespannt

 

das stumme Herz

auf Eis gelegt

bis dass es schlägt

mit Liebe voll

 

zwei Schrittmacher

mit Taktgefühl

Organspendern-

sei-Dank

 

bis dass der Tod

uns scheidet

 

 

 

Aus dem Buch der Wandlungen

Kopffüßler

 

ich ziehe__ _ Tintenspuren __ _ _

kopflastig ist mein Tun __ _

mein Bild beschreibend

 

mit Gliedmaßen

verweichlicht

zentriert

bloß

instinkt-

getrieben

gummiartig

 

zurzeit verschoben

mehr als mein Bauchgefühl

im Limbus zitternd tierisch __ _

 

 

 

Aus dem Buch der Wandlungen

glaubensfrage

 

wird ein

onkel

geklont

muss ein

e

dran

glauben

 

(antwort: onkel ohne e = onkl = klon als Anagramm)

 

 

 

Aus dem Buch der Wandlungen 

positives denken

 

im ich-ei

hermetisch

verriegelt

 

gestern noch

rundum sanft

vom eiklar

umschlossen

schwamm eigelb

kugelig

und perfekt

 

schalenriss

 

und es hängt

an einer

dotter-schnur

winzig klein

ein tropfen

von blut herz –

zerreissend

 

als hoffnung

zuletzt mich

verwandelnd

 

 

 

Aus dem Buch der Wandlungen

Frankensteins Braut II

 

verstummtes Herz

auf Eis gelegt

bis dass es schlägt

mit Liebe voll

 

zwei Schrittmacher

mit Taktgefühl

bis dass der Tod

uns scheidet

 

 

 

der innere hund

 

selbst

zermürbend

mit einer

schleife im hirn

 

selbst

zerfleischend

gleich einem

bissigen hund

 

 selbst

vergebend

dank einer

selbsterkenntnis

 

 

 

du zeigst für falsche dinge reue

 

du zeigst für falsche dinge reue

entschuldige dich nicht bei mir

so wirft man perlen vor die säue.

denn zwei mal zwei bleibt immer vier

 

wir haben nicht die gleichen werte,

du kennst die nachsicht nicht, bleibst stur,

statt sanftheit zeigst du lieber härte,

bevorzugst molltonart statt dur

 

besuchen wir die gleichen orte,

schau ich hinab, blckst du empor,

spiel ich piano, spielst du forte,

bin ich solist, singst du im chor

 

als gegensätze angezogen

hält jeder anderen auf trab

und wird um harmonie betrogen -

stößt man sich lieber wieder ab?

 

dran denkend spür ich langeweile

- ein wirklich scheußliches gefühl -

und sind verschossen amorpfeile,

fehlt deine wärme - es wird kühl....

 

 

 

erinnerst du dich noch an hamburg? 

 

erinnerst du dich noch an hamburg?

du wolltest die stadt einafach sehen

- die altstadt, den hafen vor allem -

erleben gewühl in den gassen

 

erinnerst du dich noch an hamburg?

du hast etwas neues erwartet

und mehr als nur neugier erfahren...

man wird nicht auf einmal erwachsen

 

erinnerst du dich noch an hamburg?

du warst in die fremde gezogen,

besorgtest dir dort neue kleider,

entsorgtest dabei deine alten

 

erinnerst du dich noch an hamburg?

wir sind uns als fremde begegnet

- vielleicht nicht so ganz völlig fremde -

auch nicht so entfremdet wie heute...

 

 

 

gestern, heute, morgen?

 

mein drehbuch ist ein western:

wer geht mir an den kragen?

die leichtigkeit von gestern

liegt heute schwer im magen

 

ich bin nicht wirklich schüchtern

und in bestimmten lagen

kommunizier ich nüchtern,

bereit, auch was zu wagen...

 

doch wer sind diese Leute?

sie stellen keine Fragen,

wir schweigen - nicht nur heute -

es bringt nichts, viel zu sagen

 

                        *

 

im innersten verborgen,

alleine in der menge,

hab ich was zu besorgen

im äußeren gedränge

 

sind wichtig diese dinge

- ein stapel zum entsorgen -

um die ich täglich ringe

als gäbe es ein morgen?

 

                        *

 

es liegen ein paar waren

in meinem einkaufswagen -

ich möchte mir ersparen,

zu viel balast zu tragen...

 

 

 

HINTERPFOTZIG

 

Ich fühle mich so ausgelaugt –

Ein Zustand, der zum Glück nicht taugt.

Mein Selbstbewusstsein liegt in Fetzen –

Es ist so leicht, mich zu verletzen.

 

Ich habe ihr zu gern geglaubt

Und mir die Zweifel nicht erlaubt.

Den Grundsatz: „an das Gute denken“

Kann ich im Nachhinein mir schenken.

 

Die Worte strahlten Güte aus –

Da war sie mir schon weit voraus

Und kehrte bald das Positive

In das erschreckend Negative.

 

Es war nur Schau, nur eine List,

Man glaubt zu gern, was man vermisst.

Die Wahrheit wollte sie verbiegen,

Um mich letztendlich zu besiegen.

 

Ich bin tatsächlich überrascht,

Denn so hat man mich nie verarscht:

Ihr Lächeln wirkte nett und triftig,

verbarg die Absicht – die war giftig.

 

Kommt Hunger nach der Macht ins Spiel –

Bin ich schon machtlos, weiß nicht viel.

Um ein Verhalten zu erkennen.

Muss man es erst korrekt benennen,

 

Wenn aber die Erfahrung fehlt,

Bleibt nur Instinkt, der letztlich zählt.

Bei so was fehlen mir die Worte –

Abzüglich der von derber Sorte.

 

Dann fällt mir etwas doch noch ein –

Es muss nicht immer höflich sein –

„Arglistig reicht nicht, denk ich trotzig,

Am Besten passt hier „hinterpfotzig“.

 

 

 

quintessenz

 

nichts außer quinte

 

essenziell genau

            auf den punkt gebracht

            ausnahmslos beschränkt

            auf nur eine form

keine abweichung

 

beim transponieren

            keine verwandlung

            bei jedem anschlag

            schwer wiegende Hand

bändigt die schwerkraft

 

zwei fingerkuppen

             begreifen kontakt

             stoßen sich ab und

             berühren erneut

nur weiße tasten

 

unverwechselbar

              rein von d bis a

              nur diese quinte

              durch nichts vermindert

oder erweitert

 

höchstens beim wechseln

               in hohe lagen

               im achter abstand

               neu angeschlagen

stößt echo zum klang

 

zeitloses warten

               im ritenuto

               letztendlich wird selbst

               crescendo betäubt

in hohlräumen so

 

wandelt der wind sich

               durchziehend schluchten

               stirbt zwischen mauern

               gespeichert klingt hohl

in der vorstellung

 

reinste quintessenz

 

 

 

Sternschnuppe

 

bist du verschnupft?

kleine Schnuppe

im 7en Himmel

 

hättest du gern

neue Himmel

wo anders gesucht?

 

bist du fixiert?

du verfehltest

die Meteorschauer

 

schau, irgendwann

fallen Wünsche

erneut vom Himmel...

 

 

 

tod im nacken

 

im labyrinth von korridoren -

ihr ende kann ich kaum erwarten -

lauf ich verwirrt, schwer atmend weiter,

das innerste nach außen kehrend

ein stetes summen in den ohren

ist qualvoll auf so viele arten:

der tinnitus - mein wegbegleiter -

läuft mit, den schritte- klang verzehrend

 

bin ich dem kommenden entkommen?

es macht mich schon inzwischen fertig,

das ungewisse zu ertragen:

verfolgt mich doch noch irgendeiner?

der höchste berg war längst erklommen

mein ziel ist diesmal minderwertig:

ihn überlisten, es zu wagen...

vielleicht, vielleicht verfolgt mich keiner

 

dann spür ich kälte, sie umhüllt mich

er scheint mich doch noch einzuholen,

den schatten weit nach vorne werfend

wie surreal: das licht ist vor mir...

unförmig erst, dann plötzlich schält sich

ein umriss, wie hierher befohlen,

wird irgendwie, sich nicht verschärfend...

zum ersten mal verspür ich neugier

 

die zeit scheint neu sich zu entfalten -

ein origami ohnegleichen

mit ungeahnten möglichkeiten

von vielerlei erscheinungsformen -

ich schaff es nicht, sie festzuhalten

was ich erblicke, scheint zu weichen,

mir schwierigkeiten zu bereiten:

ich kenne hierfür keine normen

 

mit trenchcoat hab ich ihn erwartet,

im lederoutfit, fast ergötzlich

in jeans mit straffen hinterbacken,

mit festem schritt, nicht leise schlürfend...

so war mein bild vom tod geartet

nicht so: von hinten packend plötzlich,

mit einem hauch vom kuss im nacken,

letztendlich endlich alles dürfend...

 

 

 

Vom ersten Spatenschlag

am Jüdischen Friedhof

 

zur vollen

rabenflügelstunde

inmitten

wackelgräberfunde

umarmt vom

efeumoosverbunde

 

erzählt die

rabenkrächzerkunde

 

mit einem

geistereinklangsmunde

von erster

spatenhiebewunde

dem bloßen

friedhofserdengrunde

 

urzeitlich

zugefügt

 

 

 

Zwei Haikus zum Thema Hut

 

gelber Knopf

 

Sanft fallen Blätter –

bunte Falter – gelb leuchtet

eins auf meinem Hut

 

 

goldener Helm

 

verfallen Worte

gold- blau behütet, entlaubt

Standorte wechselnd?